Die Entführung des Thomas G.

Schauspiel

Text: Benjamin Blaikner

Angaben zum Stück

Besetzung: 2 Damen, 1 Herr
Uraufführung: 2022, Bregenz, Theater Kosmos

Inhalt

Die Biografie von Thomas Gratt und seine Beteiligung an der Entführung von Walter Palmers dient als Ansatzpunkt, um gesellschaftspolitische Bewegungen zu hinterfragen, in denen gewaltsamer Widerstand als berechtigte Antwort auf eine perspektivlos empfundene Normalität verstanden wird und Revolutionäre zu Pop-Ikonen stilisiert werden.

Die Entführung des Thomas G. ist eine assoziative Revue. Die Frage nach dem guten Leben, einem richtigen im falschen, einem falschen im richtigen wird verhandelt und unter immer neuen Gesichtspunkten beleuchtet. So gelingt spielerisch der Bogen vom Damals zum Heute, zur Frage, wo die Linke heute ist und was sie mit Damals verbindet. Wie kann man leben, wenn man erkannt hat, dass so vieles nicht ist, wie es sein sollte? Wie lässt sich ein Lebenslüge rechtfertigen, vor allem vor sich selbst? Was ist gut und böse?

Thomas Gratt wurde im Frühsommer 1977 Mitglied der Bewegung 2. Juni und ging in die Illegalität. Er beteiligte sich an der Entführung des österreichischen Unternehmers Walter Palmers am 8. November 1977 und wurde zusammen mit einem Mittäter am 23. November in Chiasso an der italienischen Grenze auf der Flucht festgenommen. Im Februar 1979 übernahm Gratt im Wiener Strafprozess im Namen der Bewegung 2. Juni die Verantwortung. Er wurde wegen räuberischer Erpressung zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt, von denen er dreizehn Jahre verbüßte. Er stellte kein Gnadengesuch.

Bild © Sarah Mistura

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Pressestimmen

Blaikner konzentrierte sich auf die Frage, was denn eine Radikalisierung bzw. die Entscheidung zum Schritt in die Illegalität auslöst. Das Stück wurde bei der Uraufführung am Samstagabend in Bregenz vom Publikum gut aufgenommen. Blaikner lässt auch bei der Thematisierung der deutschen Auftraggeber, für die die Entführung ein Geldbeschaffungsakt war, keinen Verweis auf eine Fanatisierung zu, und er vermeidet eine voyeuristische Perspektive, obwohl dies sehr schwierig ist.
Vorarlberger Nachrichten
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Benjamin Blaikner ist ein dichter Abend gelungen; anstrengend bisweilen, weil er zum Nachdenken auffordert. Und es ist ein Abend, der einen ahnen lässt, warum Thomas Gratt seinen Freitod als Erlösung empfand. Er fühle sich wie der „Hans im Glück“, sagt da der Mann. „Zu Beginn stand mir gewiss vieles offen, doch schließlich war es nur ein Stein, der mir endlich vom Herzen gefallen ist.“

ORF
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„Die Entführung des Thomas G.“ von Benjamin Blaikner erlebte am Wochenende in Bregenz eine erfolgreiche Uraufführung.“


Neue Vorarlberger Tageszeitung
Blaikner lässt in knapp 80 Minuten Thomas Gratt (mit großer Ernsthaftigkeit: Torsten Hermentin) erzählen, wie er zum Täter wurde, lässt ihn hadern, nach Sinn suchen, sich bis zuletzt rechtfertigen. Er stellt ihm zwei Schauspielerinnen zur Seite, die innere und  äußere Stimmen, Terroristinnen und Schwester sind. Der Autor verflechtet Texte und Zitate aus Interviews, Presseberichten, Gratts eigenen Veröffentlichungen, Gedichte. Die Textcollage untermalt er mit Sound und Bildern, die live auf der Bühne vom Musiker Jonatan Szer und dem Lichtperformer Remo Rauscher eingespielt werden. Blaikner möchte Widerstand und Bewaffnung hinterfragen, und ob Thomas Gratt einer Lebenslüge aufsaß – Gratt beging 2006 Selbstmord.
Der Standard
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